SORGERECHTSVERFÜGUNG

BENENNUNG EINES VORMUNDS DURCH ELTERN MINDERJÄHRIGER KINDER

Eltern minderjähriger Kinder beschäftigt häufig die Frage, was aus ihren Kindern werden soll, wenn beiden Elternteilen etwas zustößt. Versterben beide Elternteile, z.B. bei einem Unfall, so bestellt das Familiengericht für die minderjährigen Kinder einen Vormund. Haben die Eltern keine Vorsorge für diesen Fall getroffen, so wählt das Gericht nach eigenem Ermessen einen Vormund aus. Wer das dann letztlich sein wird, ist schwer zu prognostizieren.

Das Gesetz gewährt den Eltern allerdings die Möglichkeit, über ihren Tod hinaus ihre Elternverantwortung wahrzunehmen. Jeder Elternteil, dem zum Zeitpunkt seines Todes das volle Sorgerecht zusteht, kann für das minderjährige Kind einen Vormund benennen oder auch eine bestimmte Person von der Vormundschaft ausschließen. An diese Anordnung ist das Familiengericht bei der Auswahl des Vormunds grundsätzlich gebunden. Der vom Elternteil benannte Vormund darf vom Familiengericht ohne seine Zustimmung nur in wenigen, gesetzlich geregelten Ausnahmefällen übergangen werden. Der in der Praxis wichtigste Ausnahmefall liegt vor, wenn das betroffene Kind 14 Jahre oder älter ist und der Bestellung des Vormunds widerspricht.

Die Benennung des Vormunds durch den jeweiligen Elternteil erfolgt durch letztwillige Verfügung, also durch Testament oder Erbvertrag unter Einhaltung der für sie geltenden Formvorschriften. Bei gemeinsam sorgeberechtigten Eltern kommt in der Regel nur die Vormundbenennung des Letztverstorbenen zum Tragen, weil es beim Versterben des ersten Elternteils nicht zur Bestellung eines Vormunds kommt, vielmehr das Sorgerecht zwangsläufig dem anderen Elternteil zusteht. Zudem gilt die Benennung durch den letztverstorbenen Elternteil, wenn Mutter und Vater verschiedene Personen benannt haben.

SONDERFALL: GESCHÄFTSUNFÄHIGKEIT DES SORGERECHTSINHABERS

Fallen die Eltern zu Lebzeiten als Sorgeberechtigte aus, etwa weil sie infolge Unfalls oder Krankheit geschäftsunfähig geworden sind, ist für die minderjährigen Kinder wiederum ein Vormund zu bestellen.

Die Frage, ob den Eltern auch für den Fall ihrer Geschäftsunfähigkeit  ein Recht zur Vormundbenennung zukommt, war bislang nicht gesetzlich geregelt. Man ging davon aus, dass hier dieselben Regelungen gelten wie im Falle des Todes der Eltern. Nun hat der Gesetzgeber im Rahmen der Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts zum 01.01.2023 diesen Fall erstmals gesetzlich geregelt. Er hat sich dabei für eine überraschende Lösung entschieden: Die Eltern minderjähriger Kinder können ihren Willen, wer im Falle ihrer Geschäftsunfähigkeit zum Vormund des Kindes bestellt werden soll, zwar äußern. Allerdings ist dieser Wille für das Familiengericht nicht bindend, sondern lediglich einer von mehreren Gesichtspunkten, die das Gericht bei seiner Entscheidung einzubeziehen hat.

Kurz gesagt: der Wille der Eltern hat größere Bedeutung, wenn sie bereits verstorben sind und weniger, wenn sie (geschäftsunfähig) noch am Leben sind. Wie dies mit Artikel 6 Grundgesetz, der den Schutz der Familie regelt, vereinbar sein soll, ist schwer nachzuvollziehen.